Es gibt immer wieder Beiträge, die inhaltlich in kein Heft passen. Für diese Beiträge gibt es in der Druckausgabe die Überwucherungen. Doch für Rezensionen fehlt trotzdem oftmals der Platz. Da es jedoch Bücher gibt, die wir den Lesern nicht vorenthalten wollen, präsentieren wir hier auf dem Blog Rezensionen, die es auch in Zukunft nicht ins Heft schaffen werden. Darum veröffentlichn wir nun – mit reichlich Verspätung – die Rezension zur Eggs Benedict Option des Raw Egg Nationalist.


Es gibt innerhalb der US-amerikanischen Alt Right Einzelpersonen, deren Wirken man als lebensreformatorisch beschreiben könnte. Zu diesen Akteuren zählen Mike Ma, Bronze Age Pervert (BAP) oder der Raw Egg Nationalist (REN). Letzterer konnte seine Bekanntheit über soziale Plattformen hinaus durch das Mitwirken an der Dokumentation The End of Men des patriotischen Fernsehmoderators Tucker Carlson steigern. Zentrales Anliegen RENs sind die Themen Ernährung und Sport. Sein erklärtes Heilmittel wurde für REN namengebend: Die Diät mit rohen Eiern. In US-amerikanischer Manier nimmt er dabei Anleihen an das von ihm als goldenes Zeitalter des Bodybuilding bezeichneten 50er bis 70er Jahre. Sein großes Vorbild ist Vince Gironda, der damals auf die übliche Einnahme von Steroiden verzichtete und stattdessen täglich auf 36 rohe Eier setzte. RENs erste Buchveröffentlichung war logischerweise ein Kochbuch. Das 2022 erschienene Werk The Eggs Benedict Option (EBO) schlägt allerdings einen anderen Weg ein.

Ausgehend von den Entwicklungen mit dem Auftreten des Coronavirus und den bereits bestehenden Verflechtungen internationaler Akteure aus Wirtschaft, Politik und Nichtregierungsorganisationen, die die Welt zunehmend vereinheitlichen wollen, entwirft REN mit der »Eggs Benedict Option« seinen Gegenentwurf zum »Great Reset« der Globalisten. Die Kritik des Autors richtet sich dabei gegen die moderne Ernährungsweise sowie die Lebensmittelproduktion. Eine große Gefahr sieht er in der von der EAT-Foundation entworfenen »Planetary Health Diet«. Diese schlägt eine Änderung der gängigen Eßgewohnheiten in der westlichen Welt vor, wie wir sie nicht kennen. Oder etwa doch? Die »Plantary Health Diet« sieht vor, die tierischen Bestandteile in der Ernährung zurückzufahren und durch pflanzliche Komponenten zu ersetzen. Immerhin beanspruchen tierische Produkte mehr Fläche als die Pflanzenproduktion. Der Umwelthistoriker Rolf Peter Sieferle schätze den Faktor auf acht zu Ungunsten tierischer Produkte. Die steigende Weltbevölkerung und das CO2-Dogma spielen den Weltverbesserungsplänen aus Davos dabei in die Hände. Die Umstellung der Ernährung von tierischen Lebensmitteln und damit der Verzicht auf tierische Fette und Eiweiße auf pflanzliche Lebensmittel, hier vor allem Getreide, also kohlenhydratreiche Produkte, wird vom REN sowohl aus gesundheitlicher als auch aus ökonomischer und ökologischer Sicht in Frage gestellt.

Das mahnende Beispiel stellt dabei die von REN als »Original Great Reset« bezeichnete Neolithische Revolution, die Seßhaftwerdung des Menschen dar. Der Übergang von der Nahrungsweise eines Jägers und Sammlers zum Ackerbauern hatte ebenfalls gesellschaftliche und physiologische Folgen. Mit der Industriellen Revolution und beschleunigt durch die Grüne Revolution ab den 1960er Jahren wurden diese Probleme weiter verschärft. Unterstützt wird RENs Ansicht dabei von Weston A. Price, einem US-amerikanischen Zahnarzt, der diese Wandlungen in seiner Schrift Nutrition and Physical Degeneration niederschrieb. Price untersuchte seinerzeit, es waren die ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts, primitive Völker hinsichtlich des Einflusses, den »moderne, westliche« Ernährung auf ihre körperliche Verfaßtheit ausübte. Bei seinen Patienten stellte der Zahnarzt einen Anstieg von Karies fest. Auf seinen Forschungsreisen musste er hingegen feststellen, daß Zahnfäule bei den beobachteten Völkern eine Seltenheit war. Ebenso wiesen die Körper von Angehörigen primitiver Völker eine im Vergleich zu denen westlicher Menschen eine deutlich größere Robustheit auf. Price machte als Ursache dafür eine ursprünglichere Form der Ernährung aus – die beobachteten Völker lebten oftmals als Jäger und Sammler. Auffallend waren die deutlich größeren Anteile an Nahrung tierischer Herkunft, die eine höhere Zufuhr an Mineralien und fettlöslichen Vitaminen beisteuerten. Änderten sich die Eßgewohnheiten der beobachteten Völker durch wachsenden westlichen Einfluß, stiegen vor allem die Karieserkrankungen in diesen Populationen an.

Aber REN kritisiert nicht nur, sondern skizziert in Form der EBO auch einen Ausweg. Den globalistischen Plänen muß eine neue Idee entgegengesetzt werden. REN erblickt sie im ökologischen Landbau und in der Rückkehr zu kleinbäuerlichen Strukturen, wobei er sich maßgeblich von der russischen Datscha-Tradition inspirieren läßt. Im Jahr 2006 stammten die Hälfte der russischen landwirtschaftlichen Produkte aus kleinbäuerlich-gärtnerischen Strukturen, die nur 3 Prozent der landwirtschaftlichen Fläche beanspruchten. REN erfindet dabei das Rad nicht neu, sondern führt Ideen zusammen, die im deutschen Sprachraum bereits länger kursieren, wie  die Postwachstumsökonomie oder das Gärtnerhofkonzept. RENs Positionen kulminieren letztlich in seiner Aussage »a Nation is only as strong as the people it is composed of« (S. 34). Womit auch das Thema Ernährung keine Privatsache mehr bleiben kann: Essen ist politisch, auch und gerade von rechts.

 

 

 

 

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Die Kehre ist eine Zeitschrift, die die Ökologie aus einer grundsätzlichen Perspektive betrachtet. Jedes Jahr erscheinen vier Ausgaben, die mal mehr, mal weniger thematisch gebunden sind.

Autor: Max Schmid

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